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In Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizininformatik der Berner Fachhochschule und unter Betreuung von Dr. phil. Franziska Hofer von brainability habe ich im Rahmen meiner Bachelorarbeit den Einsatz von Telepräsenzrobotern in ärztlichen Beratungsgesprächen untersucht.  

Hintergrund

Die Digitalisierung gewinnt im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung. Ein Bereich mit grossem Potenzial stellt die Telemedizin dar (Foederatio Medicorum Helveticorum, 2019). In der Telemedizin findet der Kontakt zwischen den medizinischen Fachkräften und den Patienten und Patientinnen über die Telekommunikation oder Videotelefonie statt (Dockweiler, 2016). Eine erweiterte Form der Videotelefonie stellt der Einsatz von Telepräsenzrobotern dar. Ein Telepräsenzroboter ist ein mit Kamera und Mikrofon ausgestatteter mobiler Roboter, der von einer Person ferngesteuert wird. Er dient als Kommunikationsmittel, womit telemedizinische Dienstleistungen wie Beratungen oder Konsultationen trotz örtlicher Distanz geleistet werden können (Becker et al, 2013). Solche technologischen Weiterentwicklungen sind notwendig, denn durch den demografischen Wandel, die stetig steigenden Gesundheitskosten sowie den Pflegepersonalmangel nimmt der ökonomische Druck auf das Gesundheitswesen zu (Becker et al., 2013).

Telepräsenzroboter / Modell Beam (eigene Aufnahme)

Forschungsdesign

Für die Untersuchung stellte das Institut für Medizininformatik den Telepräsenzroboter “Beam” zur Verfügung. Folgendes Forschungsdesign wurde aufgestellt:

Es wurde eine ärztliche Konsultation nachgestellt, wobei beide Nutzersichtweisen erfasst wurden. Aufgrund der Entwicklung der Altersstruktur in der Schweizer Bevölkerung wurde entschieden, dass die Untersuchung mit Bewohnern und Bewohnerinnen eines Altersheims und deren ärztlichen Betreuungspersonen durchgeführt werden soll. Ein Bewohner oder eine Bewohnerin führte mit seinem bzw. ihrem vertrauten und behandelnden Arzt oder Ärztin eine Routinekonsultation über einen Telepräsenzroboter durch. Die ärztliche Fachperson war dabei nicht physisch anwesend und steuerte den Roboter von der Arztpraxis aus. Der Bewohner oder die Bewohnerin befand sich zum Zeitpunkt des Gesprächs in einer Räumlichkeit des Altersheims. Dazu wurde der Telepräsenzroboter vorgängig ins Altersheim transportiert und vor Ort eingerichtet. Die subjektiven Sichtweisen wurden anhand von Interviews erhoben und mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Das Ziel war es herauszufinden, wie ein Patientengespräch über einen Telepräsenzroboter wahrgenommen und beurteilt wird.  

Ergebnisse 

Die Telepräsenzgespräche wurden zusammenfassend zufriedenstellend und positiv wahrgenommen, kann jedoch nicht mit einem Face-to-Face-Gespräch gleichgesetzt werden. Alle Versuchspersonen haben eine gewisse Distanz zum Gesprächspartner oder der Gesprächspartnerin empfunden. Doch wie entsteht diese Distanz? Dies lässt sich einerseits durch die Kanaltheorie von Herrmann (1993) begründen, die beschreibt, dass die Computervermittelte Kommunikation nicht alle Sinneskanäle einschliesst und dies zu einer Minderung der Emotionalität führt. In der Tat fällt durch den Telepräsenzroboter beispielsweise die Haptik weg, wodurch ein kurzer Körperkontakt, wie beispielsweise der Händedruck bei der Begrüssung, wegfällt. Auch eine mangelnde Bildqualität führt zu einer Beeinträchtigung des visuellen Sinneskanals. Technische Aspekte wie eine gute Bildqualität sind somit zentral für eine erfolgreiche Gesprächsführung.

Es konnte festgestellt werden, dass sich die Telepräsenzkommunikation unterschiedlich auf der Sach- und Beziehungsebene auswirkt, was die Arzt-Patienten-Beziehung schwächen kann. Dennoch wird die Technologie für gewisse Bereiche als ein geeignetes Hilfsmittel angesehen, um beispielsweise zeitliche Ressourcen einsparen zu können. Durch die Entlastung könnte die Qualität der Pflege verbessert werden (Becker et al., 2013). Durch den Telepräsenzroboter entfallen Reisewege, wodurch auch örtlich weit entfernte Spezialisten und Spezialistinnen zu Patientengesprächen beigezogen werden können. Ebenso können pflegebedürftige Personen in ländlichen Regionen durch Telepräsenz besser erreicht werden (Becker, 2018)

Fazit

Gemäss der Interpretation der Ergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass für den zwischenmenschlichen Beziehungsaufbau auch ein persönlicher Austausch erforderlich ist. Entweder sollte bereits eine Arzt-Patienten-Beziehung bestehen oder die Gesprächspartner bzw. Gesprächspartnerinnen sollten sich zumindest zu Beginn einer Behandlung persönlich treffen. Generell wird vorgeschlagen, die Telepräsenzgespräche als Unterstützung und Ergänzung in eine Behandlung zu integrieren. Je nach Krankengeschichte sollen der Arzt oder die Ärztin zusammen mit dem Patienten oder der Patientin individuell entscheiden, inwiefern Konsultationen über Telepräsenz sinnvoll sind. Für eine langfristig erfolgreiche Implementierung in der Praxis wird vorgeschlagen, dass pro Institution ethische Richtlinien geschaffen werden, die festlegen, in welchen Szenarien Telepräsenzgespräche geeignet sind. Zudem ist es empfehlenswert, ein Konzept zu erarbeiten, wie Patienten oder Patientinnen und insbesondere Altersheimbewohnende in die neue Kommunikationsform eingeführt werden.

Ich bin der Meinung dass neben Telepräsenz- und Assistenzrobotern auch humanoide Roboter in die Praxis integriert werden können, sobald es die technische Entwicklung erlaubt, ethische Richtlinien konzipiert sowie rechtliche Fragestellungen geklärt worden sind. Zudem sollen die Bedürfnisse und Sichtweisen der Nutzer und Nutzerinnen bei der Entwicklung im Fokus stehen.

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Quellen

Becker, H. (2018). Robotik in der Gesundheitsversorgung: Hoffnungen, Befürchtungen und Akzeptanz aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer. In O. Bendel. (Hrsg.), Pflegeroboter (S. 229-248). Wiesbaden: Springer.

Becker, H., Scheermesser, M., Früh, M., Treusch, Y., Auerbach, H., Hüppi., R. & Meier, F. (2013). Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. ETH Zürich: vdf Hochschulverlag.

Dockweiler, C. (2016). Akzeptanz der Telemedizin. In F. Fischer & A. Krämer. (Hrsg.), eHealth in Deutschland. Anforderungen und Potenziale innovativer Versorgungsstrukturen. (S. 257-271). Berlin Heidelberg: Springer.

Foederatio Medicorum Helveticorum. (2019). Telemedizin. Zugriff am 25.05.2019 unter: https://www.fmh.ch/themen/ehealth/telemedizin.cfm.

Herrmann, T. (1993). Loss of Situative Context and is Relevance for Computer Mediated Communication and Cooperation. In A. Clement, P. Kolm & I. Wagner. (Hrsg.), Proceedings oft he IFIP WG9.1 Working Conference on NetWORKing. (S. 87-96). Amsterdam: North Holland.